Die Rheinpfalz, Freitag 03.01.2003

LOCKER-LAUNIG ZU HÖCHSTER FORM AUFGELAUFEN

"Blue Note Big Band" begeistert bei Konzert zu Neujahr im Saalbau - Frank Reinshagen am Pult, Norbert Gottschalk singt

Die Grenzen zwischen Amateuren und Profis sind nicht genau definiert und nicht immer sind nur jene Musiker, die ihren Lebensunterhalt mit ihrem Spiel bestreiten, die herausragenden Persönlichkeiten am Instrument. Ausschließlich sehr gute Instrumentalisten, darunter auch einige Profis, hat die "Blue Note Big Band" vorzuweisen, die sich zu Neujahr in Höchstform präsentierte. Das Konzert im Saalbau war ein klarer Beweis für die Tatsache, dass die Band ihren Ruf als führendes Ensemble seiner Art in der Region weiter ausgebaut hat - die Resonanz beim Publikum zeigte: Die Blue Note hat Begriffe wie Amateur, Hobby oder Laie längst hinter sich gelassen. Hier machen Menschen mit enormem Spaß am Sound etwas ganz Besonderes.

Das Neujahrskonzert im Saalbau hat zudem den Reiz, dass die Band sich international bekannte Vertreter aus der Jazz- und Big-Band-Szene als Dozenten und Stargäste an Land zieht. Diesmal am Pult: der Komponist, Arrangeur und Band-Leader Frank Reinshagen. Stargast war Jazz-Sänger Norbert Gottschalk,über den schon oft geschrieben wurde, er sei in der Lage, seine Stimme wie ein Instrument einzusetzen - was so auch zutrifft.

Die Lockerheit, die bei aller Anspannung, enormer Motivation und Konzentration von der Bühne herab in den Saal schwappte, die verdankten Band und Publikum Frank Reinshagen, der absolut ungezwungen mit heiteren Sprüchen seine Ansagen machte, genauso unverkrampft die Band führte - Coolness im positivsten Sinn des Wortes. Mit zwei Songs aus der Mainstream-Zeit des Saxophonisten Wayne Shorter, beide (Black Nile und Wild Flower) glänzend und vielseitig von Rheinshagen neu belebt, eröffnete die Band das Programm. Erste Lichtgestalt am Tenorsaxophon: Andreas Pompe, der im Lauf des Abend gleich mehrfach mit espritvoller Show und gewaltigem Können auf sich aufmerksam machte. Gut gefiel auch die ruhige Verarbeitung von "Wild Flower" durch den Gitarristen Frederik Dully.

"Ein Jazz-Stück, mit dem richtig Geld verdient wurde - also eine Ausnahme", so nannte Reinshagen "Canteloupe Island" von Herbie Hancock, ebenfalls von ihm arrangiert. Hier zeigte der Leader, dass er nicht nur Komposition und Bandführung beherrscht, sondern auch das Saxophon. Aus dem 70 Jahre alten Bass-Saxophon zauberte er eine technisch hochwertige Improvisation, die sowohl den vollen, tiefen Sound als auch die höheren Lagen (die bei diesem besonderen Instrument recht ungewohnt klingen) voll zu Geltung brachte. Zuhören und Genuss pur! Gleiches galt für die Songs, die Norbert Gottschalk in Szene setzte. Er scattet, was das Zeug hält, macht selbst "I get a kick" (bekannt geworden durch Frank Sinatra) oder den Standart "All of me" zu etwas Einzigartigem. Die Geschwindigkeit gepaart mit präzisem Klang und Volumen ist es, die dabei den Zuhörer besonders begeistert.

Weiterer Lichtblick: "Butter Chicken", gespielt von der Brass-Sektion der Band. Blech-Jazz ungewohnt, experimentell - das Arrangement stammte von Ingo Luis, der ebenfalls schon bei der Blue Note zu Gast war -, gekonnt. Auch hierzu improvisierte Norbert Gottschalk und wertete die besondere Note des Stückes noch weiter auf.

Nicht weniger eindrucksvoll: "Bebop" von der Saxophon-Sektion. Hier glänzten die fünf Musiker durch gewaltige Präzision und perfekte Technik, bei gleichzeitig maximalem Saxophon-Sound. Bestechend auch immer wieder die Improvisationen, beispielsweise von Bernd Gaudera (Saxophon/Klarinette), normalerweise der Mann am Pult. Der unglaublich ausgewogene Sound der gesamten Band war aber letztlich das beeindruckendste Element des Abends - die Begeisterung der Zuhörer zeigte dies deutlich.

Von Jörg Schifferstein