Die Rheinpfalz, 21.06.2005
Eine Lehrstunde in Sachen Jazz
Die »Blue note BIG BAND« überzeugt beim Konzert in der KRG-Halle mit spritzigen Soli - Hervorragender musikalischer Abend
Weinfeste aller Orten am Samstagabend, ideales Grillwetter, Fußball im Fernsehen - und in der so genannten »Kultur- und Sporthalle« des Kurfürst-Ruprecht-Gymnasiums (KRG) ein »Blue School Concert« der Schulbigband und der Blue note BIG BAND.
Ganze Stuhlreihen blieben unbesetzt, und Stefan Weis, der die KRG-Bigband nach dem plötzlichen Tod von Werner Dech Ende März übernommen hat, konnte tatsächlich am Ende des - übrigens hervoragenden - musikalischen Abends jeden Besucher persönlich mit Handschlag verabschieden.
Klar, dass die Musiker, vor allem die Schüler der Bigband, zunächst angesichts der so dünn besetzten Stuhlreihen, die sie schon am Nchmittag aufgebaut hatten, lange Gesichter machten. Doch dann waren sie locker, mit Feuereifer und Temperament bei der Sache. Zumal das Publikum schon bei den ersten Stücken so kräftig applaudierte, als sei die Halle voll.
Das Spektrum reichte von Titelmusik zu Fernsehserien und Filmen über akzentuierte Literatur im New-Orleans-Sound, einschmeichelnde Melodien von Duke Ellington bis zu Frank Sinatra-Titeln. Sogar eine Premiere war dabei: ein Bossa Nova von Quincey Jones mit einem Nasenflöten-Solo von Mathias Mangin. Ja, auch damit kann man Musik machen.
Es geht aber auch mit der Stimme, wie Christine Börsch-Supan einmal mehr bewies. Sie hat sich sehr stark weiter entwickelt und erntete riesigen Beifall für ihr Version von Frank Sinatras »I've got you under my Skin« und vor allem den gekonnten Vortrag von George Gershwins »Summertime«.
»Klasse«, war auch die Meinung von Blue note Mitgliedern. Und »ach, wenn ich in dem Alter Gelegenheit gehabt hätte, so tolle Musik zu machen, das wäre so schön gewesen«, sagte Michaela Pommer, stimmgewaltige Sängerin der Blue note BIG BAND. Deren Leiter Bernd Gaudera lobte Neustadt allgemein als »insgesamt gutes Pflaster für Big Bands« und im Besonderen, das gerade hier viel für den Nachwuchs getan werde. Und der hat durchaus Aufstiegschancen. Immerhin spielen derzeit fünf Ehemalige des KRG bei der Blue note. Und die gab der Schulbigband, so gut auch immer sie gespielt hatte, noch eine kleine Lehrstunde in Sachen Jazz. Da machte sich einfach auch die längere Erfahrung bemerkbar, über die die Bandmitglieder verfügen, das größere Volumen und die Routine. Sie spielten neben moderner Literatur wie Bert Joris' »Walking Tiptoe« Klassiker wie Count Basies sehr temperamentvollen »Flight to Nassau«. Atemberaubende Soli unter anderem an Flügelhorn, Posaune, Trompete, Gitarre und Klarinette zogen die Zuhörer in ihren Bann. Und dann die Stimme von Michaela Pommer. »What a voice«, seufzte ein Zuhörer begeistert: Wandlungsfähig, ausdrucksstark ist sie, schmeichelt und kann rau werden wie ein Reibeisen. Restlos begeistert war das Publikum denn auch von ihrer Interpretation der ruhigen Ballade »If it's the last thing I do« von Barbara Morrison, «Allmost like beeing in love«, das schon Frank Sinatra gesungen hat, und »I wish you love«, arrangiert von Peter Herbolzheimer. Dieses Lied hatten die Zuhörer der Blue note BIG BAND mit Applaus, der den Turnhallenboden erzittern ließ, trotz der späten Sunde noch abringen können.
Wer es nun bedauert, das Konzert nicht miterlebt zu haben, dem bleibt die Chance, dass die Blue note nicht zum ersten und zum letzten Mal im KRG gespielt hat. Die Big Band des KRG gibt am 10. Juli um 11 Uhr in Deidesheim ein Open-Air-Konzert. Von da aus geht's direkt nach Worms, wo sie um den deutschen Jugend-Big-Band-Jazzpreis spielen wird. (hjm)