"Die Rheinpfalz", 03.01.2004, von Jörg Schifferstein

Jazz, den man sonst nur spät nachts hören kann

"Blue note Big Band" begeistert mit ausdrucksstarkem modernen Sound - Jürgen Friedrich am Pult, Joe Gallardo an der Posaune

Es ist immer noch ein bischen mehr drin, ein bisschen mehr Professionalität, ein bisschen mehr Technik, ein bisschen mehr Sound und ein bisschen mehr Modern Jazz. Selbst nach 16 Jahren ist die Blue note BIG BAND kein bisschen angegraut, sondern bewegt sich immer weiter in Richtung des modernen, angenehm anzuhörenden Jazz. Musik mit Ausdruckskraft zu spielen, das haben sich die Band-Mitglieder, die sich zwar immer noch selbst als Amateure bezeichnen, aber längst in den Profiligen mithalten kouml;nnen, auf die Fahnen geschrieben. Genau das ist beim Konzert im Saalbau zu Neujahr auch gelungen.

Irgendwie hat Band-Leader Bernd Gaudera, der am Donnerstag auch genügend Gelegenheit fand, mit Klarinette und Saxophon als Solist zu brillieren, stets das richtige Näschen, wenn es darum geht, einen Dozenten und einen Solisten für dieses besondere Konzert auszuwählen. Mit Jürgen Friedrich hatte er den idealen Mann für die Aufgabe am Pult gefunden, mit Joe Gallardo einen Solisten verpflichtet, der Flair und die wichtige kosmopolitische Nuance des Jazz beisteuerte. Was die Band mit den beiden Profis dann gemeinsam auf die Beine stellte, das war ganz einfach der Jazz, den man sonst nur bei großen Festivals oder spät nachts in einem der dritten Fernsehprogramme zu hören und zu sehen bekommt.

Die Präsentation war durch und durch professionell, das begann schon mit "Up to date" - vielen besser als die Melodie aus dem "Aktuellen Sportstudio" bekannt. Ein einsamer Strahler auf einer Uhr mitten auf der Bühne, dazu ein knackiger Sound - eine gelungene Einstimmung für ein Konzert, das einen Schwerpunkt im Bereich der Posaune hatte. Doch nicht nur Gaststar Joe Gallardo bot feine Improvisationen - von ihm durfte man das ja auch erwarten - nein, auch Andreas Hoffmann und später Stefan Weis lieferten solide Leistungen ab, klanglich fein eingestellt, technisch hochstehend. Ein Kompliment für die beiden Posaunisten, die im Angesicht des weltberühmten Gastes solches boten.

Gallardo gefiel durch das routinierte, ausgereifte Spiel, die überragende Technik, die der Posaunist über viele Jahre hinweg verfeinern konnte. Der eigentliche Star auf der Bühne war jedoch der fast unscheinbar und zurückhaltend wirkende Jürgen Friedrich. Der Leader, Komponist und Arrangeur schreibt in einer überaus komplexen Weise, seine Werke sprühen vor Ideen und Inspirationen. Geschickt führte er die "Blue note Big Band" auf ein Level, das bislang von den Musikern noch nie erreicht worden war.

Höhepunkte des Konzertes waren Friedrichs Improvisationen am Flügel, beispielsweise bei seiner Komposition "Voyage Out" oder "Witch Hunt" (Wayne Shorter, arrangiert von Frank Rheinshagen). Friedrich spielt mit einer unglaublichen musikalischen Dichte und scheint Bach-Fan zu sein, manche komplexe Harmonie und Kurzmelodie, die in den Improvisationen durchschimmerten, bestätigten diesen Eindruck. Großes Format, große Klasse, großer Applaus - rundum Zufriedenheit bei Musikern und Zuhörern, was wollte man mehr.

Und noch jemand machte das Konzert zum Erlebnis: Michaela Pommer, junge Mutter und mit drei wunderschönen Titeln auf die Bühne zurückgekehrt. Und das mit einer noch ausgereifteren Stimme als bislang. Michalea Pommer hat sich deutlich gesteigert, agiert absolut sicher, gefällt in tiefen und hohen Lagen gleichermaßen - sie hat den Jazz verinnerlicht, das war zu spüren. Außerdem gab's viele herausragende Soli, erwähnt werden müssen vor allem Michael Gilb (Tenorsaxophon), Frederik Dully (Gitarre) und David Hagen (Kontrabass), die herausragende Leistungen boten. So macht Jazz-Erleben einfach Spaß!